Kranke Veganer? Wie (un)gesund ist Veganismus wirklich?
von: Gabriela Hoppe
| 1. November 2019

Vegan leben mit Dr. Gabriela Hoppe | Erfolg durch Ernährung | Ernährungsspezialistin & Heilpraktikerin - Bild by PixabayVeganismus ist im Trend: Der Vegetarierbund spricht von ca. 1,3 Mio Veganern – damit würden sich über 1,5% der deutschen Bevölkerung rein pflanzlich ernähren.

Auf der anderen Seite der Veganer stehen ihre Kritiker; vielfach wird behauptet, Veganer seien krank im Kopf und Veganismus sei gesundheitsschädlich. Aber stimmt das wirklich?

Wie so oft bei gesundheitlichen Fragen lautet die Antwort: Das kommt drauf an.
Man kann Veganismus sicherlich so betreiben, dass er gesundheitsschädlich ist, man kann ihn aber auch so betreiben, dass er sehr gesundheitsförderlich ist.

In diesem Beitrag erkläre ich dir, wo gesundheitliche Vorteile des Veganismus stecken, wo die Risiken der veganen Ernährung liegen und worauf du als Veganer besonders achten solltest, um Mängel und Defizite zu vermeiden!

Veganismus – was ist das eigentlich?

Veganismus ist häufig nicht nur eine Ernährungsweise, sondern eine Lebenseinstellung. Veganer meiden Nahrungsmittel tierischen Ursprungs, dazu gehören nicht nur tote Tiere (da sind wir eher bei den Vegetariern), sondern z.B. auch Honig, Eier oder Milchprodukte. Weiterhin lehnen Veganer oftmals die Verwertung tierischer Produkte und insbesondere die Ausbeutung von Tieren ab. Das zieht sich dann auch durch Themen wie Kleidung, Schuhe, Kosmetika und andere Verbrauchsgüter.

Vorteile des Veganismus

Veganer ernähren sich typischerweise sehr achtsam und haben sich recht ausführlich mit dem Thema „gesunde Ernährung“ auseinandergesetzt. Tendenziell trinken sie wenig Alkohol, bewegen sich viel und rauchen selten.

Fleisch, v.a. rotes Fleisch, steht in der Kritik, Risikofaktor für schwere oder sogar bösartige Darmerkrankungen zu sein. Zudem ist eine sehr fettreiche fleischlastige Ernährung ungünstig für Gefäße und Herzkreislaufsystem,

Eine vegane Ernährung, die ausgewogen ist, strotzt u.a. von komplexen Kohlenhydraten und ungesättigten Fettsäuren – förderlich für Blutzuckerspiegel, Blutdruck, Diabetesprophylaxe und gesunde Gefäße. Auch der Säure-Basen-Haushalt und der Darm profitieren von der basenbildenden, ballaststoffreichen Ernährung.

Auch aus der Krebsernährung kennst du den Veganismus, der hier eingesetzt wird, um den Körper optimal mit Nährstoffen zu versorgen, ihn dadurch zu stärken und gleichzeitig ein möglichst unattraktives Milieu für bösartige Zellen zu schaffen.

Warum kann Veganismus zum gesundheitlichen Problem werden?

Wir essen aus zweierlei Gründen:

  • Um unsere Zellen mit Energie zu versorgen,
  • um unsere Zellen mit Bau- und Vitalstoffen zu versorgen.

Nur, wenn dein Körper ausreichend mit Aminosäuren, Fettsäuren, allen wichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und anderen Vitalstoffen versorgt ist, bist du gesund, vital und leistungsstark. Fehlen wichtige Nährstoffe, können Mängel entstehen und sich über kurz oder lang auch ernsthafte gesundheitliche Probleme ergeben.

Jedes Lebensmittel enthält verschiedene Nährstoffe in unterschiedlichen Anteilen und Mengen. Wer es genau wissen will, kann z.B. unter www.naehrstoffrechner.de genau aufschlüsseln lassen, was alles in unseren Nahrungsmitteln steckt.

Der Körper kann bestimmte Nährstoffe aus verschiedenen Quellen unterschiedlich gut aufnehmen. Fleischverzicht kann noch relativ gut durch andere tierische Lebensmittel ausgeglichen werden, fallen letztere jedoch komplett weg, ist genaues Wissen über Alternativen notwendig.

Worauf sollte ich als Veganer besonders achten?

Viele Veganer entwickeln Mängel, diese lassen sich anhand einer Blutuntersuchung genau untersuchen. Oftmals deuten bereits typische unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Erschöpfung, Leistungsminderung, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, brüchige Nägell, Haarausfall oder Stimmungsschwankungen auf Dysbalancen hin.

Häufig sind bei Veganern die Vitamine B und D, Mineralstoffe (u.a. Eisen), Eiweiße und Omega-3-Fettsäuren im Defizit.

Hier ist Wissen darüber gefragt, wie diese Stoffe auch ohne tierische Produkte zu verzehren in den Körper gelangen können.

Vor allem als so genannter „Pudding-Veganer“ (das sind die Kandidaten, die sich nicht hauptsächlich von Gemüse, Obst und pflanzlichen Eiweißen ernähren, sondern von Bitterschokolade und Brötchen) kommt man zwar hervorragend vegan durchs Leben, ist aber alles andere als gut versorgt!

Welche Lebensmittel helfen Veganern, Mängel auszugleichen?

  • Vegan leben mit Dr. Gabriela Hoppe | Erfolg durch Ernährung | Ernährungsspezialistin & Heilpraktikerin - Bild by Pixabay

    Protein: Veganer vergessen über all dem Gemüse und Obst häufig die Eiweißquelle auf ihrem Teller, zumal die Auswahl deutlich eingeschränkt gegenüber den Fleischfressern ist. Hülsenfrüchte (aus Verträglichkeitsgründen gerne eingeweicht und gekeimt), Champignons, Nüsse und Kerne sowie Kresse oder Spinat sind gute Alternativen. Es kann auch hochwertiges Eiweißpulver in Shakeform zur Ergänzung verwendet werden.

  • Vitamin B12: Der häufigste Mangel bei Veganern und oftmals erst nach Jahren merkbar – dann aber u.U. zu neurologischen Störungen führbar… B12 findet sich überwiegend in tierischen Produkten, über Weizengras- oder Gerstengraspulver, Algen (z.B. Chlorella oder Spirulina), Brennnesselsamen oder fermentierte Produkte wie Brottrunk oder Sauerkrautsaft können nennenswerte Mengen an B12 zugeführt werden. Über kurz oder lang greifen viele Veganer auf entsprechende Nahrungsergänzunsmittel zurück. Achte hier darauf, deinen Mängeln entsprechend zu supplementieren (ggf. Blutbild zu Rate ziehen!) und ggf. einen Vitamin-B-Komplex einzusetzen.
  • Eisen: Auch in Bezug auf Eisen steht Fleisch oben in der Rangliste der Lieferanten. Pflanzliche Produkte mit nennenswertem Eisenanteil sind die besonders chlorophyllhaltigen, also grünes Blattgemüse. Diese sind, z.B. in Form von grünen Smoothies, toll für die Blutbildung. Dazu noch etwas Brennnesselsamen, Gersten- oder Weizengras, Rucola oder Feldsalat, Nüsse, Hülsenfrüchte oder Vollkorngetreide und rote Säfte – damit hast du deinem Eisenhaushalt schon viel Gutes getan!
  • Zink: Vor allem Nüsse sind ein großartiger Zinklieferant – daneben bringen sie jede Menge toller Fettsäuren, Eiweiße und anderer Mineralstoffe mit. Kürbiskerne und Vollkorngetreide liefern ebenfalls nennenswerte Mengen Zink.

Praxistipp: Lass dich beim Einkauf nicht vom Vegan-Label einlullen: Veganer Käse, vegane Salami oder andere Vegan-Mainstream-Produkte enthalten nämlich oft Zutaten wie Weizenprotein und diverse Geschmacksverstärker – alles andere als gesundheitsförderlich…

Kann jeder Mensch vegan leben?

Abhängig vom Willen kann natürlich jeder Mensch theoretisch vegan leben und viele versuchen dies aus unterschiedlichen Motiven heraus auch, aber viele werden am eigenen Leib feststellen, dass sich der Veganismus nicht für jeden gleichermaßen eignet.

Vor allem Therapeuten, die den Veganismus pauschal als Allheilmittel für gesundheitliche Probleme, v.a. im Bereich des Verdauungssystems, empfehlen, betrachte ich kritisch.

Jeder Stoffwechsel ist individuell. Da, wo der eine Mensch hervorragend pflanzliche Lebensmittel verstoffwechseln kann und seine Energie aus pflanzlichen Kohlenhydraten zieht, ist bei einem anderen Menschen die Enzymaktivität auf tierische Proteine ausgelegt, so dass es z.B. zu Energiedefiziten kommt, wenn nicht ausreichend schwere Eiweiße zugeführt werden.

Hier gilt es also, auf den Körper zu hören und ggf. eine Stoffwechselanalyse vom Spezialisten durchführen zu lassen.

Finger weg vom Veganismus heißt es, wenn es um Kinder bzw. Heranwachsende geht. Sie haben einen erhöhten Bedarf an Nährstoffen und häufig mangelndes Verständnis von Stoffwechselprozessen, so dass vegane Ernährung hier deutlich schneller zu Mängeln und gesundheitlichen Problemen führen kann. Analog gilt dies für Schwangere und Stillende und schwerwiegend Erkrankte – diese sollten sich extrem gut mit Mangelvorsorge beschäftigen, wenn sie einen veganen Lebensstil verfolgen möchten.

Fazit

Veganismus steht und fällt mit der Durchführung – achtsame Veganer entlasten ihren Körper und profitieren von vielen gesundheitsfördernden Vorteilen!

Jedoch ist umfassende Auseinandersetzung mit gesunder Ernährung sowie das Wissen um pflanzliche Alternativen notwendig, damit es nicht zu einer einseitigen Mangelernährung kommt.

Übrigens: Heute, am Welt-Vegantag 2019, spreche ich bei Radio Hannover über die Vor- und Nachteile des Veganismus. Klick dich rein! Den Mitschnitt gibt’s in Kürze hier im Blog!