Milch ist ein umstrittenes Nahrungsmittel. Dass es nicht als Getränk „gilt“, sondern als Nahrungsmittel einzustufen ist, hat sich mittlerweile schon herumgesprochen. Weiterführende Erkenntnisse sickern nur langsam durch.
Anlässlich des heutigen Tags der Milch (https://www.tag-der-milch.de/) spricht der Wissenschaftler Bodo Melnik (Hautarzt in Gütersloh, Lehrbeauftragter der Uni Osnabrück) in der Osnabrücker Zeitung über seine Forschungsergebnisse.
Melnik stellt dabei insbesondere auf die Wachstumsinformation ab, die in der Milch steckt. Als Eiweißlieferant (Kuhmilch enthält etwa 3,5 Gramm Eiweiß auf 100 ml Milch – Muttermlich im Vergleich dazu ca. 1 Gramm auf 100 ml) sendet Milch Wachstumsbeschleuningungssignale an den Körper. Das ist auch so vorgesehen, schließlich ist jede Milch eine Muttermilch, die dem Neugeborenen bzw. dem Baby helfen soll, sich zu entwickeln.
Säugetiere in der Natur stillen im Regefall ihre Babies allerdings nur bis zu einem gewissen Alter. Der Mensch hingegen führt sich sein Leben lang Milch in nicht geringen Mengen zu – in flüssiger Form oder in erheblicher Menge in Form von Joghurt, Quark, Käse und anderen Milchprodukten. Zudem konsumiert der Mensch nicht „seine eigene“, sondern artfremde Milch. Kuhmilch ist naturgemäß für Kälber vorgesehen, die ihr Geburtsgewicht innerhalb von 40 Tagen verdoppeln, und nicht für Menschen, die ihr Geburtsgewicht in etwa sechs Monaten verdoppeln. Als artfremde Milch werden die Signale also in falscher Stärke gesendet.
Tiermilche übertragen zum einen wachstumsstimulierende Aminosäuren (Eiweißbausteine). Zum anderen übertragen sie genregulierendes Material, die sog. Mikro-Ribonukleinsäuren (Mikro-RNS), die Teil des Erbgutes sind. Milch enthält u.a. auch die krebserregende MikroRNS-21, die auch von bösartigen Tumoren gebildet wird.
Melnik stellt einen Zusammenhang her zwischen Erkrankungen, die eindeutig mit beschleunigtem Wachstum zusammenhängen (insbesondere Übergewicht, Diabetes mellitus und Krebs) und dem Konsum von Kuhmilch.
Kuhmilch hat auch unter Allergiegesichtspunkten, insbesondere was Laktoseunverträglichkeiten und das Leaky Gut Syndrom angeht, einen negativen Beigeschmack. Mit zunehmendem Alter verringert sich die Fähigkeit von Säugetieren (aus gutem Grund, s.o.), Laktose zu verdauen (Britta-Marei Lanzenberger, „Laktoseintoleranz“, 1. Auflage, systemed Verlag, p.8). So auch bei den meisten Menschen. Man spricht von primärer Laktoseintoleranz, die sich durch verschiedene Symptome, zumeist Verdauungsbeschwerden, äußern kann.
Bei der sekundären Laktoseintoleranz ist eine (meist vorübergehende) Darmstörung/-schädigung Ursache der Unverträglickeit. Häufig ist hier das sog. Leaky Gut Syndrom („durchlässige“ Darmschleimhaut aufgrund von chronisch gereiztem Darm) angesprochen. Die gereizte Darmschleimhaut kann keine Laktase (das Enzym, das Laktose aufspaltet und gut verdaubar macht) mehr freisetzen und so treten ebenfalls Symptome auf. Diese Form der Intoleranz vergeht i.d.R., wenn die Ursache der Störung behoben ist.
Sekundäre Intoleranzen hängen oftmals mit Medikamentengaben, Alkoholabusus, Infektionen, Parasitenbefall, anderen Intoleranzen, Bakterienfehlbesiedlungen, chronischen (Darm-)Erkrankungen oder systemischer Fehlernährung zusammen.
Und insbesondere bei letzterem Punkt schließt sich der Kreis wieder, und die Milch kommt wiederum als „suboptimaler“ bzw. nicht artgerechter Ernährungsbestandteil ins Spiel (vgl. hierzu auch meine anderen Beiträge zu Zivilisationskrankheiten, Ernährung und Fettreduktion).
Kurz erwähnen möchte ich der Vollständigkeit halber und weil es häufig Thema in der Praxis ist, noch die Kuhmilch im Zusammenhang mit Kalzium und Osteoporose.
Abweichend von der noch immer in der Welt vorherrschenden Meinung, Milch sei wichtig für starke Knochen, zeigen mehrere Studien (z.B. bereits die Nurses Health Study von 1997; andere Studien werden zitiert unter https://www.zentrum-der-gesundheit.de/milch-krankheiten-ia.html; die Seite bereitet zudem sehr schön weitergehende milchassoziierte Erkrankungen auf), dass dieser Zusammenhang so nicht besteht. Vielmehr gibt es genau gegenläufige Studienergebnisse (z.B. Michaelsson, K. et al. 2014: https://www.bmj.com/content/349/bmj.g6015), die zeigen, dass nicht nur das Fraktur-, sondern auch das Sterblichkeitsrisiko bei hohem Milchkonsum anstiegen. Milchzucker enthält Galaktose, die als entzündungsfördernd gilt, der oxidative Stresspegel wird erhöht.
Das Verhältnis von Kalzium und Phosphor ist in Milch sehr ungünstig für den Menschen, auch der Magnesiumanteil ist relativ gering, was dazu führt, dass das Kalzium nicht gut resorbiert, also aufgenommen werden kann. Tatsächlich kann das Kalzium aus der Kuhmilch zu ca. 30% aufgenommen werden, während das aus Brokkoli oder Rosenkohl oder anderen Blattgemüsen zu ca. 40 – 64% aufgenommen werden kann (American Journal of Clinical Nutrition, Vol. 70, Nr. 3, S. 543S-548S, September 1999; Ursinus, L. „gesund & aktiv“, Shirner Verlag, 2. Aufl. 2009). Verbunden mit dem übersäuernden Potenzial der Milch führt dies dazu, dass vermehrt körpereigene Mineralien (insbesondere Phosphor) aus dem Körper als Puffersubstanz freigesetzt werden, um den Kalziumspiegel im Blut konstant zu halten. Dies führt über kurz oder lang zum Knochenabbau, da Kalzium immer im Schlepptau von Phosphor reguliert wird.
Kuhmilch ist, um mit einigen populistischen Artikeln zu sprechen, somit eher „Kalziumräuber“ als Kalziumlieferant.
Am Rande erwähnen möchte ich dann noch die Eigenschaft von Kuhmilch, immens zu verschleimen, Akne zu fördern sowie die häufigsten Infektionskrankheiten im Kleinkindalter, z.B. Mittelohrentzündungen, Paukenergüsse) und auch das mittlerweile bereits bei Kleinkindern sehr verbreitete Asthma. Homogenisierte Milch scheint die Effekte hier noch zu vestärken; je näher an der Ursprungsmilch man sich bewegt, desto geringer scheinen die negativen Auswirkungen zu sein, wie verschiedene Studien zeigten. (Vgl. hierzu auch https://www.zentrum-der-gesundheit.de/milch-krankheiten-ia.html) Verarbeitete Milch (homogenisiert, pasteurisiert) ist im Übrigen „tote Milch“ (https://www.zentrum-der-gesundheit.de/milch-ungesund-ia.html).
Wenn nicht eine manifeste Unverträglichkeit vorhanden ist, ist es meiner Ansicht nach allerdings nicht notwendig, komplett auf Milch zu verzichten. Wie bei so vielem (allem?) macht die Dosis das Gift, um mit Bombastus zu sprechen. Milchprodukte in Maßen, auch ein Schuss Milch im Kaffee schadet nicht, wenn man die Gesamtmenge im Auge behält. Ein gesunder Körper hat im Regefall genug kompensatorische Kapazität bzw. ausreichend Regulationsfähigkeit, um kleine Ernährungssünden zu verkraften (vgl. hierzu auch meinen Beitrag zur Regulationsfähigkeit unseres Körpers).
Dabei sollte man sinnvollerweise auf die Milchqualität achten: Die Milch aus Massentierhaltung beispielsweise ist stark hormonbelastet. Fütterungsbedingt sollte man auf genmanipulierte Eigenschaften achten. Auch Verpackungsinhaltsstoffe können in die Milch übertreten, so dass z.B. Glasflaschen bevorzugt werden sollten.
Wer zwar auf Kuhmilch, aber nicht auf Milch generell verzichten möchte, kann auf Alternativen ausweichen: Ziegen- und Schafsmilch sind für die meisten Menschen deutlich verträglicher, sind allerdings ebenfalls artfremde Tiermilche. Wer komplett auf Tiermilch verzichten möchte, kann zu wohlschmeckenden Getreide- oder Nussmilchen greifen. Hier bietet sich z.B. Hafer-, Reis-, Dinkel-, Mandel- oder Kokosmilch an. Achtung: Diese Milch genannten Ersatzprodukte heißen zwar Milch, sind aber – je nach Ausgangsprodukt – zumeist den Kohlenhydraten und nicht den Eiweißen zuzuordnen.